Wie funktioniert eine
Leistungsmessung? Moderne Allradprüfstände arbeiten mittels einer
Wirbelstrombremse. Alle vier Räder des Fahrzeugs laufen in je einem
Rollensatz. Bei der Lastsimulation wird über die Bremse bei voller
Beschleunigung die Zugkraft an vorher festgelegten Geschwindigkeits- und
Drehzahlpunkten aufgenommen und im Rechner abgelegt. Danach löst die
Bremse und fährt den nächsten Messpunkt an.
Die Summe der Messpunkte wird am Ende in Diagrammform dargestellt. Der
ganze Vorgang ist binnen weniger Minuten erledigt. Das Fahrzeug wird mit
betriebswarmem Motor auf den Prüfstand gestellt. Zusätzliche
Sicherungsseile fixieren den Kandidaten in seiner Position.
Alle Messdaten werden direkt über die Bremse des Prüfstands in den
Zentralrechner eingespeist. Als notwendige Zusatzinformationen braucht der
Rechner nur Drehzahl und Ansauglufttemperatur. Die Messung startet bei
einer vorgegebenen Geschwindigkeit, meistens im Bereich um 50 km/h, und
immer im vorletzten Gang, also im Fall des Audi RS 4 in der fünften
Fahrstufe.
Unter ohrenbetäubendem Lärm wird das Auto im Messgang voll beschleunigt,
bis der Drehzahlbegrenzer dem tosenden Treiben bei zirka 7200/min ein Ende
setzt. Auf freier Wildbahn entspräche dies einem Tempo von gut 250 km/h.
Theoretisch lassen sich auf solchen Prüfstanden Geschwindigkeiten von über
300 km/h simulieren.
Dieser erste Messteil dient der Ermittlung der so genannten Radleistung.
Es wird also jene Kraft protokolliert, die an den Antriebsrädern – ob
Front-, Heck- oder Allradantrieb – anliegt. Der Wert fällt für einen
Unkundigen immer relativ ernüchternd aus, denn in der Messung ist natürlich
noch nicht die Kraft enthalten, die der Motor aufbringen muss, um die
rotierenden Massen anzutreiben.
Diese Schlepp- oder Verlustleistung wird beim Ausrollen direkt im
Anschluss ermittelt: Wenn die Drehzahlgrenze erreicht ist, nimmt der Prüfpilot
den Fuß vom Gas und kuppelt aus. Die Schleppleistung wird über eine
beaufschlagte Zugkraft der Wirbelstrombremse errechnet und ausgewiesen.
Perfekt ist diese Messmethode nicht, aber unter den gegebenen Umständen
und am fertigen Objekt - sprich dem vorhandenen Auto - die einzig
sinnvolle.
Mit voller Genauigkeit sind die Leistungsdaten eines Motors nur auf einem
Motorleistungsprüfstand zu ermitteln, also im ausgebauten Zustand – was
wenig praktikabel ist. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass alle
anfallenden Daten über die Wirbelstrombremse des Rollensatzes erfasst
werden, mit Ausnahme von Drehzahl und Ansauglufttemperatur.
Bei modernen Prüfständen werden Ansauglufttemperaturfühler
mitgeliefert, die die motoreigene Messsensorik an ihrer ursprünglichen
Position ersetzen. Die Ansauglufttemperatur ist vor allem bei aufgeladenen
Motoren außerordentlich wichtig, weil beim Überschreiten einer gewissen
Temperaturspanne die Motorelektronik die Leistung über eine Reduzierung
des Ladedrucks zurücknimmt.
Im Fall des Testprobanden Audi RS 4 liegt dieser Wert bei rund 60 Grad.
Deswegen ist es wichtig, den Messfühler dort zu platzieren, wo auch das
bordeigene Steuergerät misst. Nur so sind korrekte Werte sichergestellt.
Der serienmäßige Sensor sitzt beim RS 4 direkt im Saugrohr, kurz vor dem
Zylinderkopf.
Die Ansauglufttemperatur hat einen großen Einfluss auf das Messergebnis:
Denn sie hängt erstens von der Temperatur der Umgebungsluft ab – und
unterliegt somit jahreszeitlich bedingten Schwankungen. Dieser Umstand
wird bei der späteren korrekturberechneten Normleistung noch wichtig.
Zweitens hängt die Temperatur der Ansaugluft von der Luftdurchströmung
der Kühler ab. Stationäre Prüfstände besitzen den Nachteil, dass das
Auto steht, also kein Fahrtwind die Kühler anströmen kann. Deshalb ist
ein Kühlluftgebläse notwendig, dessen Dimension, Position und
Aufstellung von entscheidender Bedeutung für eine korrekte
Leistungsmessung ist. Denn ohne Kühlluft keine Kühlung, also hohe
Ansauglufttemperaturen und folgerichtig schlechte Messwerte. Diese
Feststellung gilt für Saugmotoren, aber ganz besonders für
turboaufgeladene Motoren. Weil die Ansaugluft durch die Verdichtung im
Turbolader stark erhitzt wird, ist eine effektive Anströmung durch ein Kühlluftgebläse
unabdingbar. Die größten verfügbaren Gebläse können bis zu 12 000
Kubikmeter Luft pro Stunde umwälzen – das entspricht einer realen
Fahrtgeschwindigkeit von annähernd 180 km/h. Wichtig auch, dass das Gebläse
nicht nur die vorhandene Raumluft umschichtet, sondern auch wirklich kühle
Frischluft von aussen ansaugt und den Kühlern zuführt. Im Übrigen
spielen beim Thema Leistungsmessung Fahrereinflüsse eine eher
untergeordnete Rolle, weil das Messprozedere kaum Spielraum für
Manipulationen zulässt.
Speziell bei extrem
leistungsstarken Sportwagen mit Heckantrieb kann Radschlupf die
Messgenauigkeit beeinflussen. In der Regel ist dies aber an einem dellenförmigen
Einsacken der ermittelten Leistungskurve deutlich zu erkennen.
Erst bei Leistungen von über 800 PS kommen moderne Prüfstände an ihre
Grenzen. Der allradgetriebener Audi RS 4 hat keine Probleme, seine
nominell 380 PS auf die Rolle zu bringen.
Die Ermittlung der Rad- und der entsprechenden Verlustleistung wird vom
Computer zur Motorleistung addiert. Mit diesem Wert bewegt man sich
bereits in der Nähe der vom Hersteller angegebenen Leistung. Doch vor den
Lohn endgültiger und verbriefter Ergebnisse hat der Gesetzgeber den
Schweiß gesetzt. Weil weitere variable Faktoren die Leistungsmessung
eines Motors beeinflussen, wurden Normen erlassen, um in der Summe
vergleichbare Werte zu erhalten.
Über Korrekturparameter werden die Meereshöhe und meterologische Daten
wie Luftdruck und Lufttemperatur zum Errechnen der so genannten
Normleistung herangezogen. Diese Daten werden im Rahmen der
Leistungsermittlung automatisch erfasst und aufgezeichnet.
Die Sache wird dadurch kompliziert, dass unterschiedliche Normen gelten,
nach denen berechnet werden kann. Denn die Frage lautet ja: Welchen Stand
auf Meereshöhe oder welchen Luftdruckwert setzt man als Norm ein, auf den
die real ermittelten Werte dann hinkorrigiert werden?
Die alte und eigentlich zur Typprüfung nicht mehr gebräuchliche DIN-Norm
nimmt beispielsweise eine andere Meereshöhe als Sollwert als die
mittlerweile für die meisten Hersteller verpflichtende EWG-Norm.
Generell ist die DIN-Norm auf Grund ihrer Berechnungsgrundlagen leistungsmäßig
im Vorteil: Ein Plus von bis zu 15 PS ist locker drin – ein Schuft, wer
Arges denkt, wenn die Leistung seines Autos nach der DIN-Norm gemessen
wurde ... Außerdem müssen noch verschiedene gesetzliche Richtlinien und
Toleranzwerte berücksichtigt werden.
So gestattet eine weitere Norm
den Herstellern eine Streuung bei der Motorleistung von bis zu fünf
Prozent nach oben und unten. Im Fall des Audi RS 4 heißt das: Zwischen
361 PS und 399 PS wäre alles im grünen Bereich.
Und natürlich unterliegen auch Leistungsprüfstände Toleranzen: Je nach
Modell, Equipment, Hersteller und der Einhaltung der Vorschriften zur
Eichung und Wartung schwanken die Angaben zwischen zwei und fünf Prozent.
So kämen im Extremfall noch
einmal bis zu 20 PS als Abweichung hinzu, die theoretisch mögliche Spanne
würde also in unserem Fall bei 340 PS beginnen und erst bei 440 PS enden
...
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